Die Anzahl der medizinischen Apps wächst von Jahr zu Jahr. Zahlreiche dieser Apps bieten den Nutzern Unterstützung, um gesund und fit zu bleiben. Jedoch gibt es auch zur Krebsfrüherkennung und zur Therapiebegleitung einige – wenn auch wenige – Angebote. Was ist von den „Krebs-Apps“ zu halten?
Das Spektrum an Gesundheits-Apps für Tablet und Smartphone ist bereits heute unüberschaubar. Rund 130.000 Angebote weltweit hat das auf die Bewertung solcher Produkte spezialisierte Internetportal HealthOn gezählt. Und dabei steckt dieses technologische Segment noch in den Kinderschuhen. Das lässt sich auch an einer weiteren Zahl ablesen, die HealthOn ermittelt hat: Sucht man nach krebsrelevanten Apps in deutscher Sprache, bleiben von den 130.000 gerade mal 21 Angebote übrig (Stand: Dezember 2017). Und deren Anwender-Zahlen sind sehr bescheiden: Nur fünf dieser Apps kommen auf mehr als 10.000 Downloads.
Vorsorge-Apps am gefragtesten
Alle fünf „Verkaufsschlager“ gehören zum Bereich Krebsvorsorge, der den Großteil der krebsrelevanten Mobilanwendungen ausmacht. Hier stehen vor allem die Hautkrebs- und die Brustkrebs-Früherkennung im Vordergrund. So haben der Berufsverband der Deutschen Dermatologen und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt die App „UV-Check“ entwickelt. Sie hilft dabei zu berechnen, wie lange man sich jeweils ohne Sonnenbrandgefahr in der Sonne aufhalten kann. Zudem bietet sie eine Dokumentationsfunktion und weiterführende Informationen.
Was sie nicht kann: Das konkrete Krebsrisiko bei bestimmten Hautveränderungen abschätzen – wie es einige andere Apps versprechen. Hier ist Vorsicht geboten, denn der Abgleich beispielsweise eines Muttermal-Fotos mit einer Datenbank voller Vergleichsbilder liefert erfahrungsgemäß auch viele Fehleinschätzungen. „Wer darauf vertraut, dass eine Hautscreening-App zuverlässig schwarzen Hautkrebs erkennt, der ist schlecht beraten“, brachte es Dr. Stefan Becker von der Uniklinik Essen unlängst im MEDICA-Interview auf den Punkt.
Auch die Apps zur Brustkrebs-Früherkennung haben enge Grenzen. Das Produkt „Selbstuntersuchung der Brust“ zum Beispiel klärt die Nutzerinnen darüber auf, wie sie ihre Brüste monatlich am besten abtasten können, um Auffälligkeiten zu entdecken. Gegenüber einer „klassischen“ ärztlichen Anleitung ist der Mehrwert also gering.
Generell sollte man sich nicht zu viel von den Krebsvorsorge-Apps versprechen. „Apps können den Arzt nicht ersetzen, nur ergänzen. Wichtig bleibt der echte Arztbesuch“, betont Kai Sostmann, der an der Berliner Charité als Experte für E-Learning tätig ist. Auch Apps, die das individuelle Krebsrisiko anhand von Familienanamnese, Lebensstil, Gesundheitszustand und so weiter errechnen, sind mit Vorsicht zu genießen. Oftmals kommt es hier nämlich zu „falsch positiven“ Befunden, die die Nutzer unnötig in Sorge versetzen können.
Therapiebegleitende Apps: Bewegung, Ernährung, Medikamente, Symptome
Kaum zu überblicken ist das Angebot an therapiebegleitenden Apps, zumal viele von ihnen sich nicht allein an Krebspatienten richten. Das gilt insbesondere für solche Anwendungen, die zu sportlicher Betätigung anregen. Dadurch soll die Lebensqualität von Krebspatienten verbessert und das Rückfallrisiko verringert werden. Zu diesem Zweck bieten beispielsweise die Apps „movival – Aktiv gegen Krebs“ und „Sport gegen Krebs“ vielfältige Anleitungen. Aus medizinischer Sicht ist dieses App-Segment grundsätzlich unbedenklich, da Bewegung – im Rahmen der jeweiligen körperlichen Leistungsfähigkeit – jederzeit zu empfehlen ist. Ebenso verhält es sich mit gesunder Ernährung. Auch sie kann sich förderlich auf den Heilungsprozess und die Lebensqualität auswirken. Entsprechende Apps – wie etwa „Rezepte für Patienten mit Krebs“ vom Tumorzentrum München – unterstützen Patienten bei ihrer Ernährung mit Informationen zu krebsrelevanten Inhaltsstoffen und Wirkungen.
Daneben gibt es eine Vielzahl von Apps, die an die Medikamenteneinnahme zu festgelegten Zeiten erinnern. In manchen Fällen bieten sie überdies die Option, Symptome in einer Art Tagebuch festzuhalten, das beim nächsten Arztgespräch als Gedächtnisstütze fungieren kann (Beispiel: „MyTherapy“). Und schließlich seien auch Apps für Familienangehörige erwähnt, die beim Umgang mit einer Krebserkrankung unterstützt werden sollen. So klärt etwa die App „Zauberbaum“ Kinder, deren Mütter an Brustkrebs erkrankt sind, behutsam über die Erkrankung und die Behandlung auf. Andere Angebote umfassen Informationen und Beratungshilfen für erwachsene Familienangehörige, beispielsweise die „KrebsApp Thüringen“.
Auf den Anbieter schauen
Worauf sollten Patienten und Angehörige bei der Auswahl einer App also achten? Zunächst: Insbesondere im Bereich Vorsorge sind die Möglichkeiten der Krebs-Apps (noch) sehr limitiert. Man kann also nicht erwarten, mit einer App Arztbesuche ersetzen zu können. Bei großen Versprechungen sollte man folglich Vorsicht walten lassen.
Zentraler Auswahlaspekt sollte der jeweilige Anbieter sein. Im Impressum sollte sich eine seriöse Institution oder ein seriöses Unternehmen finden. Das zu beurteilen fällt zwar nicht immer leicht, doch immerhin gibt es im Netz verschiedene Bewertungsportale, die bei der Entscheidung helfen können. Positiv ist prinzipiell die Mitwirkung eines anerkannten wissenschaftlichen Gremiums zu bewerten.
Nicht zuletzt ist die Seriosität des Anbieters auch aus Datenschutzgründen wichtig. Immerhin vertraut man der App unter Umständen sehr sensible Informationen an, die man ungern in unautorisierten Händen wüsste. In diesem Punkt haben viele Anbieter noch großen Nachholbedarf. Gerade wenn die Informationen ins Ausland fließen, kann ein Missbrauch oftmals nicht ausgeschlossen werden. Es lohnt sich also, vor dem Download ins Kleingedruckte zu schauen.